Aktuelles aus dem Glatzer Gebirgs-Verein120 Jahre Glatzer Gebirgs-VereinFeierstunde am 12. Mai 2001 in BraunschweigDer Glatzer Gebirgs-Verein (GGV) kann auf stolze 120 Jahre seines Bestehens zurückblicken. 120 Jahre Wanderbewegung, davon nun schon 50 Jahre nach der Neugründung im Braunschweiger Raum tätig, umspannt einen Zeitraum, der, durch die Vertreibung unterbrochen, reich an Aufgaben voller Schwierigkeiten und ihrer Lösung umschließt. Zurückblickend kann man aber mit Fug und Recht sagen, der GGV hat seine gesteckten Ziele in all den Jahren verfolgt und bearbeitet. Der Vorstand und die Mitglieder des Glatzer Gebirgs-Vereins (GGV) Braunschweig e.V. luden herzlich zum 120jährigen Jubiläum nach Braunschweig ein. Am Freitag, den 11. Mai 2001, wurde im Chor der St. Aegidien-Kirche um 14 Uhr die Ausstellung „Hundert Wandertage in Bildern. Versuch einer Bilanz zu Natur, Heimat und Wandern in Deutschland“ eröffnet.
Die Ausstellung blieb noch bis zum Sonntag, den 20. Mai 2001, in der St. Aegidien-Kirche und konnte außerhalb der Gottesdienszeiten besichtigt werden. Dem H. H. Porpst W. Trojok ist der Vorstand des GGV für seine Zusage, die Ausstellung in der Kirche zu zeigen, sehr dankbar. Das Festprogramm für Sonnabend, den 12. Mai 2001, sah vor:
Ab 18 Uhr fand in gemeinsamer Organisation mit dem Bund der Vertriebenen Kreisverband Braunschweig e.V. eine Eucharistiefeier mit Heimatvertriebenen-Gottesdienst und Marienlob im Liebfrauenmünster St. Aegidien, Spohrplatz 9, Braunschweig. Die Festpredigt hielt unser H. H. Großdechant Prälat Franz Jung.
Wer heute die Angebote des Glatzer Gebrigs-Vereins in Anspruch nimmt, tut dieses oft unter einem anderen Aspekt als die Mitglieder vor 100 Jahren. Wir wünschen der Wandersache für die Zukunft alles Gute und eine gedeihliche Zusammenarbeit und der festlichen Veranstaltung einen harmonischen Verlauf. Wir beglückwünschen den GGV sehr herzlich zu seinem 120jährigen Bestehen und wünschen dem Verein für alle Zukunft bei seinen edlen Bestrebungen für die wandernden Menschen gute Erfolge.
Feschrift zum Vereins-Jubiläum erschienen
BroschüreDie Glatzer Rose verbindet
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Zum 120. Jubiläum des Glatzer Gebirgs-Vereins ist als Festschrift
die Broschüre „Die Glatzer Rose verbindet. Glatzer Gebirgs-Verein e.V.
Braunschweig“ von Rolf Ahlers im Verlag Uwe Krebs, Wendeburg (2001, 14,8 cm × 21 cm, 48 Seiten, 52 Abbildungen, ISBN 3-932030-14-1) erschienen. |
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Am 12. Mai 2001 beging der Glatzer Gebirgsverein in Braunschweig, Hotel "Deutsches Haus", in einer Feierstunde drei Jubiläen:
Welch ein Ereignis! Welche Kontinuität, welche Liebe und Treue zur Heimat wird darin sichtbar! Und das alles losgelöst von unseren Bergen und unserer Scholle, vertrieben von unseren Wurzeln!
Insofern ist es vornehmliche Chronistenpflicht an dieser Stelle, Dank abzustatten an die nicht leichte, sondern mühevolle Aufbauarbeit des GGV daheim und hier im Westen nach der Vertreibung.
Die von großem Idealismus getragene Kulturarbeit, gepaart mit selbstverständlichem Patriotismus, hat wesentlich zur Erschließung des Glatzer Berglandes, seiner Heilbäder und Kurorte, seiner Wintersportplätze und zur Hebung des Fremdenverkehrs beigetragen.
Dabei soll nicht vergessen werden, daß von Anfang an auch der Naturschutz, die Erhaltung seltener Pflanzenarten zum Aufgabenspektrum unserer Väter und Mütter gehörten.
So ist es auch nicht verwunderlich, daß die Glatzer Rose zum Symbol des GGV wurde.
Und heute?
Wir sind stolz darauf, daß es nach der Vertreibung verantwortungsvolle Frauen und Männer gab und gibt, die sich dieser Tradition, diesem Gedankengut und damit der Heimatarbeit auf einem besonders reizvollen und der Natur verpflichteten Gebiet verantwortlich stellen.
Was heißt stellen? Nun, ehrenamtliche Arbeit leisten, Naturschönheiten erkunden, Geselligkeit pflegen, Gemeinschaft bilden, Heimatkunde und Brauchtum nicht hintanstellen, um nur einige Kriterien des auch im Westen weit gespannten Aufgabenkatalogs des GGV zu nennen.
Dank sei deshalb allen gesagt, die sich durch ihre Mitgliedschaft im GGV zu diesen Zielen bekennen und damit gleichzeitig Erbe und Andenken der Altvordern hochhalten sowie Heimatname und Heimatlandschaft vor dem Vergessenwerden bewahren.
Der heutigen Vorstandsschaft des GGV allen voran Hans Taube und Stephan Stache, gilt ein herzliches und heimatverbundenes "Vergelt's Gott" für ihren Dienst an Natur, Berg und Vaterland.
Peter Großpietsch
aus: „Grafschafter Bote“ Nr. 5/2001, S. 1
Von Dieter Schäfer
Die Mitglieder des Glatzer Gebirgsvereins feiern Jubiläum. Vor 120 Jahren wurde Deutschlands ältester Wanderverein in der Grafschaft Glatz (Schlesien) von dem wanderfreudigen Oberamtsrat Franz Grützner gegründet. In Braunschweig und Umgebung hat der Klub rund 1100 Mitglieder.
Der Verein wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum „Senkrechtstarter“. Der Beamte hatte damals offensichtlich eine Marktlücke entdeckt. Die Zahl der Wanderfreunde stieg schnell. Bereits nach kurzer Zeit hatte der „Glatzer“ mehrere hundert Mitglieder.
„Der Gebirgsverein war recht wohlhabend“, erinnert der 1. Vorsitzende Hans-Jürgen Taube (61). „Die Mitglieder besaßen zwölf schöne Bauden im Eulengebirge.“ Eine Baude stand in der Nähe der Kuppe des Schneeberges, mit 1420 Metern die höchste Erhebung des Gebirges.
Während der Kriegswirren verloren die Glatzer ihren gesamten Besitz. Die Mitglieder mussten ihre Heimat verlassen und in der Fremde noch einmal beginnen. Sechs Jahre nach Kriegsschluss fanden sie sich in Braunschweig wieder zusammen und belebten ihren Verein.
Ein Problem ist der hohe Altersdurchschnitt (65 Jahre) der Wanderfreunde. „Dennoch stehen regelmäßig Wanderungen auf unserem Programm“, versichert der 2. Vorsitzende Walter Cleve (74). Zweimal im Monat schnüren die Glatzer ihre Wanderschuhe und machen sich auf den Weg.
Zwei Strecken stehen ihnen dann zur Wahl: Die ältesten Mitglieder
laufen acht Kilometer weit, die Fitteren bringen es immerhin auf 14 Kilometer. Gewandert wird in der Asse, im Elm, im Harz, in der Hildesheimer Umgebung. Im Juni reisen sie zum Deutschen Wandertag.
Zur Feier ihrer historischen Bauden-Wochenenden sind die Glatzer zu Gast bei ihren Partnern vom Harzklub, genießen Spezialitäten von zu Hause, tauschen Erinnerungen aus und pflegen schlesische Mundart. Edith Cleve gilt da als ein Supertalent.
Die Zeit der Tränen sei längst vorüber, versichert der Vorsitzende. „Wenn wir in die Grafschaft Glatz reisen, sehen wir uns Höfe, Dörfer und Städte an. Zu den Polen haben wir freundschaftliche Kontakte.“ Für Nostalgie sei kein Platz mehr.
Erinnerung an die Grafschaft Glatz wird in der Heimatstube an der Kreuzstraße (westliches Ringgebiet) gepflegt. In dem Informationszentrum treffen sich die Wanderer an jedem ersten und dritten Sonnabend im Monat von 14 bis 17 Uhr.
Morgen um 11 Uhr [Anm. d. Hrsg.: Die Berichtigung auf 14 Uhr erfolgte in der BZ am 11.05.2001.] eröffnen die Glatzer in der Kirche St. Aegidien eine Wanderausstellung zum Thema „Hundert Wandertage in Bildern“, der Versuch einer Bilanz zu Natur, Heimat und Wandern.
Am Sonnabend beginnt um 14 Uhr der Festakt im Hotel Deutsches Haus. Um 18 Uhr wird in der Aegidienkirche der Jubiläumsgottesdienst gefeiert. Mit dabei sind Großdechant Prälat Franz Jung, Propst Wolfram Trojok und Pfarrer Martin Karras.
Der Harz, hier am Kreuz des Deutschen Ostens, gehört zu den Wandergebieten des Glatzer Gebirgsvereins.
aus: BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG von Donnerstag, 10. Mai 2001, Seite 22
WENDEBURG (fa) Franz Rücker war zwölf Jahre alt, als die polnische Regierung am 2. April 1946 seine Familie anwies, sofort das Nötigste zusammenzupacken und noch am nächsten Morgen die Heimat zu verlassen. Fünf Tage später strandete der Junge aus der schlesischen Grafschaft Glatz mit Mutter, Tante und drei Geschwistern in Wendeburg.
Hier hat der 67-Jährige neue Wurzeln geschlagen, den Malerberuf erlernt und seine Frau Gerda kennengelernt, eine gebürtige Oberlausitzein. Sie bauten in Zweidorf ein Haus und zogen zwei Söhne groß, die ebenfalls in der Gegend geblieben sind. Und doch fühlt Rücker noch immer eine enge Verbundenheit zu seiner alten Heimat. Jener lieblichen Mittelgebirgslandschaft, dicht an der tschechischen Grenze in Polen. Mit Worten kann er sie kaum beschreiben. Also dokumentiert er sie in Taten.
So restaurierte der Rentner In diesen Tagen die mächtige, gut zehn Quadratmeter große Fahne der Berliner Sektion des Glatzer Gebirgsvereins. 1903 geschaffen, hatten fast hundert Jahre die mächtige Leinwand bis zur Unkenntlichkeit ausgebleicht. Jetzt leuchtet jenes eindrucksvolle Landschaftsmotiv wieder in kräftigen Farben, das für viele Vertriebene die Heimat symbolisiert: der Schneeberg, mit 1425 Metern höchster Gipfel des Mittelgebirges, mit dem heute verfallenen Aussichtsturm auf der Spitze. Nachdem sich der Glatzer Gebirgs-Verein Berlin 1995 auflöste, ging die Fahne in die Obhut der Braunschweiger Sektion über. Deren Vorsitzender, Hans-Joachim Taube, lebt ebenfalls in Wendeburg, und ein weiterer Wendeburger, Gemeindebürgermeister Rolf Ahlers, verfasste jetzt zum 120-jährigen Bestehen des Gesamtvereins eine Broschüre im Uwe-Krebs-Verlag.
Den „Glatzern“ gehe es nicht darum, die Geschichte zurückzuspulen, sondern um Geselligkeit und gemeinsame Naturerlebnisse. „Ich bin kein Revanchist“, betont Franz Rücker mit Nachdruck. Jedes Jahr besucht er seine alte Heimat mehrfach. An die erste, abenteuerliche Reise mit seinem Schwager 1972 erinnert er sich noch ganz genau. „In meinem Heimatdorf Johannisberg wohnt nur noch Großfamilie. Als wir dort vor 29 Jahren anklopften, wollten die Leute zuerst wissen, wer wir seien. Dann sagten sie: Kommt herein und setzt euch. Was wollt ihr trinken?“
Die Kontakte zu der Familie sind seitdem nie abgebrochen. Stolz zeigt Rücker ein Foto vom Grab seines Vaters, das die polnischen Freunde liebevoll pflegen. „Dass eine Grabstätte nach 50 Jahreb noch so gut aussieht- in Deutschland kaum vorstellbar.“
Mit liebevollen Pinselstrichen restaurierte Franz Rücker eine hundert Jahre alte Fahne des Glatzer Gebirgs-Vereins.
aus: BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG - PEINER NACHRICHTEN von Mittwoch, 16. Mai 2001, Seite 37
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© 2000-2019 Christian Drescher
Erste Version vom 17.09.2000, letzte Aktualisierung am 09.08.2019.